Sonntag, 22. Oktober 2017

Correctio "Paternalis" ....eine weitere Revolution des aktuellen Pontifikates? Und ein päpstlicher Brief.

Riccardo Cascioli kommentiert den Brief, den Papst Franziskus La Nuova Bussola Quotidiana geschickt hat - eine "correctio paternalis" für Kardinal Sarahs Interpretation des neuen Motu Proprio -
und ihre möglichen Folgen für das Leben der Kirche.
Hier geht´s zum Original:  klicken

  "LITURGIE: "CORRECTIO PATERNALIS" DES PAPSTES AN KARDINAL SARAH"
"Kardinal Sarahs Interpretation des motu proprio "Magnum Principium" ist nicht richtig: Sinn des päpstlichen Dokumentes ist genau der, den Bischofskonferenzen für die liturgischen Übersetzungen diese große Autonomie und dieses Vertrauen zuzugestehen, die Kardinal Sarah gern begrenzen würde.

Das sagt Papst Franziskus selber in einem selbst verfaßen, an den Präfekten der Liturgie-und Sakramenten-Kongregation, Kardinal Sarah, adressierten Brief, den wir hier auf ausdrückliche Bitte des Papstes als Ganzes wiedergeben.
Es ist in der Tat La Nuova Bussola Quotidiana, die am 12. Oktober die Notiz von Kardinal Sarah veröffentlicht hat, die - anhand bereits formulierter Reaktionen - eine korrekte Interpretation des Motu Proprio anbot.

Die Geste des Papstes, der La Nuova Bussola bittet, seinen Brief zu veröffentlichen, nachdem sie den Kommentar von Kardinal Sarah publiziert hatte, ist präzedenzlos.
Und wegen der Fragen zu ihrem Grund, die wir erwähnen werden, sind wir sicherlich geehrt und dankbar für diese Aufmerksamkeit, mit der der Hl. Vater LaNuovaBussolaQuotidiana autorisiert, Gastgeber einer Diskussion zu sein, über Themen, die für das Leben der Kirche fundamental sind und deren Protagonist er gemeinsam mit einigen Kardinälen ist.

Kommen wit zum Thema der Kontroverse: diskutiert werden die Übersetzungen der liturgischen Texte, die in den verschiedenen Ländern im Gebrauch sind aus dem Lateinischen.
Die Übersetzungen (Fassungen und ev. Adaptationen) werden von den verschiedenen Bischofskonferenzen vorbereitet, die anschließend um die Approbation des Hl. Stuhles bitten.
Die Prüfung durch den Hl. Stuhl geschieht mit Hilfe zweier Instrumente: die confirmatio und die recognitio, die das Motu Proprio neu definieren will.

Hier die unterschiedlichen Interpretationen, die es in diesem Stadium gibt:
nach Kardinal Sarah  unterscheiden sich confirmatio und recognitio durch ihre Wirkung (die confirmatio ist nur die Übersetzung der typischen lateinischen Version; die recognitio fügt dem neue Texte und rituelle Veränderungen - offensichtlich nicht substantieller Art - hinzu) aber vom Gesichtspunkt der Verantwortlichkeit des Hl. Stuhls aus gesehen sind es zwei identische Akte.
Also ist in beiden Fällen auch eine detaillierte Analyse des Ganzen möglich und nötig: von neuen Texte, rituellen Modifikationen, Übersetzungen aus dem lateinischen Original.

Die Sorge Kardinal Sarahs als Präfekt der Liturgiekongregation ist offensichtlich:
die Einheit der Kirche auch in der Liturgie zu erhalten und dabei die Autonomie der Bischöfe aller Länder bei der Ausarbeitung der örtlichen Liturgie zu respektieren.


Dennoch läßt uns der Papst heute wissen, daß das nicht der Geist des Motu Proprio ist, der eher in Richtung einer authentischen liturgischen "Devolution" geht. Er behauptet de facto, daß die beiden Prozeduren - confirmatio und recognitio - nicht identisch sind und daß es bei ihrer Ausführung zwei unterschiedliche Verantwortungen gibt - einerseits des Hl. Stuhls andererseits der Bischofskonferenzen.

a) Die recognitio- zeigt nur die Überprüfung und Bewahrung der Einheitlichkeit des Kirchenrechts und der Einheit der Kirche an. Es handelt sich um eine ein wenig hermeneutische Phrase, die aber wahrscheinlich gemäß der kommentierenden Worte interpretiert werden müssen, mit denen Msgr. Artur Roche, Sekretär der Liturgiekongregation die Veröffentlichung des Motu Proprio Magnum Principium begleitet hat: "Die Recognitio (...) impliziert den Prozess der Anerkennung von legitimen liturgischen Anpassungen durch den Apostolischen Stuhl - einschließlich der "tiefgehenden", die die Bischofskonferenzen in anerkannten Grenzen für ihre Gebiete etablieren können.
Auf dem Gebiet der Begegnung zwischen Liturgie und Kultur  ist der Apostolische Stuhl also zum "recognoscere" aufgerufen - also diese Adaptationen zu bewerten, um die substantielle Einheit des römischen Ritus zu bewahren"

b) Die confirmatio ist der Akt, auf den sich der Papstbrief am meisten konzentriert. Es wird klar darauf hingewiesen, daß das Urteil über die Texttreue zum originalen lateinischen Text den Bischofskonferenzen zusteht - "gleichermaßen im Dialog mit dem Hl. Stuhl".
Eben dieser Hl. Stuhl wird, wenn er die confirmatio erteilt, nicht mehr eine detaillierte Wort-für-Wort-Prüfung durchführen, außer in den evidenten Fällen der wichtigen Formulierungen wie den eucharistischen Gebeten oder den sakramentalen Formeln. Kurz viel mehr Freiheit für die Bischofskonferenzen.

In seinem Brief an Kardinal Sarah  erklärt der Papst dann, daß gewisse Teile aus "Liturgiam Autheticam" von 2001, dem derzeit geltenden normativen Dokument für die Übersetzungen, überprüft oder abgeschafft werden müssen. Die Paragraphen 79 - 84, die von der Approbation der Übersetzung und die recognitio des Apostolischen Stuhls betreffen müssen sorgfältig neu überprüft werden. Im Gegenzug sind die Nr. 76 und 80 "überholt".
Letzere steht im Zentrum der recognitio und ist offensichtlich neu formuliert worden, während Nr.76 von der Kongregation verlangte, "enger an der Arbeit der Übersetzung in die Hauptsprachen teilzunehmen."

Eine andere Passage im Brief des Papstes muß bedacht werden. Er sagt effektiv, daß "Magnum Principium nicht mehr vorgibt, daß die Übersetzungen in allen Punkten mit den Normen von Liturgiam Authenticam übereinstimmen müssen, wie es in der Vergangenheit war."
Diese Behauptung - zusammen mit der anderen, nach der eine "getreue" liturgische Übersetzung eine dreifache Treue beinhaltet - zum Originaltext, zur Übersetzungssprache, zur Verständlichkeit für die Adressaten - läßt verstehen, daß Magnum Principium als Anfang eines Prozesses verstanden wird, der sehr weit führen kann.

Und da liegt die Bedeutung dieser Kontroverse, die zeigt, daß der Papst Kardinal Sarah dementiert, der nichts anderes tut, als der von Benedikt XVI vorgezeichneten Linie zu folgen. Er läßt keinen Zweifel daran zu, daß mit Magnum Principium - präzisiert und akzentuiert durch den Brief des Papstes, den wir hier veröffentlichen - die Bestrebung sein wird, sich an den nationalen Missales zu orientieren, die sich zunehmend unterscheiden, auf einen "liturgischen Geist" hin, der immer weniger geteilt wird..
Die Frage dreht sich darüber hinaus, um einen rein liturgischen Aspekt und wie Kardinal Joseph Ratzinger - dann Benedikt XVI - oft wiederholt hat, betrifft sie das Konzept von Kirche und das Verständnis, das Kirche von sich selbst hat. Und was auf dem Spiel steht, ist vor allem die Rolle und die Macht der Bischofskonferenzen, denen Papst Franziskus auch "eine authentische doktrinale Autorität geben will." (Evangelii Gaudium, 32.

Im Gegensatz dazu hat Kardinal Ratzinger schon in dem Interviewbuch mit Vittorio Messori "Unterhaltungen über den Glauben" (1985), damals Präfekt der Glaubenskonregation, die vom II.Vaticanische Konzil gewollte "Rolle und der Verantwortung der Bischöfe" positiv bewertet und beklagte die postkonziliare Abweichung:

"Die Renaissance der Rolle des Bischofs ist in der Realität aufgeweicht worden, oder läuft sogar Gefahr durch immer stärker organisierte Einfügungen von Prälaten in den Bischofskonferenzen erstickt zu werden, durch immer schwergewichtigere bürokratische Strukturen. Und dennoch darf man nicht vergessen, daß die Bischofskonferenzen keine theologische Basis haben, sie sind nicht Teil der unzerstörbaren Struktur der Kirche, wie sie von Christus gewollt wurde, sie haben nur eine praktische und konkrete Funtkion."

Das Kollektiv ersetzt nicht die Person des Bischofs, Das ist ein entscheidender Punkt weil - wie Kardinal Ratzinger sagte:

"Es handelt sich darum, die Natur der Kirche selbst zu wahren, die auf einer episkopalen Struktur beruht und nicht auf einer Art Föderation nationaler Kirchen. Die nationale Ebene ist keine kirchliche Dimension. Man muß noch einmal präzisieren, daß es in jeder Diözese nur einen einzigen Hirten und einen einzigen Meister der Seelen gibt, in Kommunion mit den anderen Hirten und anderen Meistern mit dem Stellvertreter Christi."

Hier der Brief von Papst Franziskus an Kardinal Sarah  
Original: klicken

A Sua Eminenza Reverendissima
il signor Card. Robert SARAH
Prefetto della Congregazione per il Culto Divino
e la Disciplina dei  Sacramenti
Città del Vaticano

Eminenz
ich habe Ihren Brief vom 30. September erhalten, mit dem Sie mir Ihre Dankbarkeit für die Veröffenltichung des Motu Proprio Magnum Principium ausdrücken und mir einen ausführlichen "Kommentar" zum besseren Verständnis des Textes dazu  geschickt haben, 

Während ich Ihnen herzlich für die Mühe und den Beitrag danke, erlaube ich mir, einfach -und wie ich hoffe klar - einige Beobachtungen zu der oben erwähnten Nachricht auszudrücken, die ich besonders für die Anwendung und das rechte Verständnis des Motu Proprio und das Vermeiden irgendwelcher Mißverständnisse für wichtig halte.

Vor allem muß auf die Wichtigkeit des klaren Unterschieds hingewiesen werden, die das neue MP zwischen recognitio und confirmatio macht - wohl begründet in den §§ 2 und 3 von Kanon 838, um die vom Dicasterium nach Liturgia authenticam angepaßte Praxis abzuschaffen, die das neue Motu Proprio verändern wollte. Man kann also nicht sagen, daß "recognitio und confirmatio Synonyme oder austauschbar sind" oder daß sie "auf der Ebene des Hl. Stuhls untereinander austauschbar sind."

In Wirklichkeit macht der neue Kanon 838 durch die Unterscheidung zwischen recognitio und confirmatio die unterschiedliche Verantwortung des Apostolischen Stuhls und der Bischofskonferenzen bei der Ausübung dieser beiden Handlungen deutlich.
Magnum Principium behauptet nicht mehr, daß die Übersetzungen in allen Punkten mit den Normen von Liturgia Authenticam übereinstimmen müssen, so wie es in der Vergangenheit geschah. Deshalb müssen die einzelnen Nummern von Liturgia Authenticam aufmerksam neu verstanden werden - einschließlich der Numern 79-84, um zu unterscheiden, was vom Kodex für die Übersetzung und was für die legitime Anpassung gefordert wird.
Daraus folgt klar, daß einige Nummern von LA durch neue vom Motu Proprio umformulierte Nummern abgeschafft oder weggefallen sind (also die Nr 76 und Nr 80).

Bzgl. der Verantwortung der Bischofskonferenzen, "getreu" zu übersetzen, muß man präzisieren, daß das Urteil über die Treue zum Latein gefällt und eventuell nötige Korrekturen vom Dikasterium ausgeübt wurde, während jetzt die Vorschrift den Bischofskonferenzen die Möglichkeit zugesteht, die Güte und Kohärenz des einen oder anderen Ausdrucks in der Übersetzung aus dem Original zu beurteilen, wenn auch im Dialog mit dem Hl. Stuhl.
Die confirmatio bedeutet also nicht mehr eine detaillierte Wort-für-Wort-Untersuchung - mit Ausnahme in offensichtlichen Fällen, die den Bischöfen zu einem erneuten Überdenken präsentiert werden. 
Das gilt besonders für die vom Hl. Vater approbierten Eucharistischen Gebete.
Die confirmatio trägt außerdem der Integrität des Buches Rechnung, die nämlich dafür sorgt, daß alle Teile, die die typische Ausgabe bilden, übersetzt werden.

Man kann hinzufügen, daß im Licht des Motu Proprio das "fideliter" von § 3 des Kanons eine dreifache Treue beinhaltet: zum Originaltext in primis, zur spezifischen Sprache, in die er übersetzt wird  und schließlich  zur Verständlichkeit des Textes für die Adressaten. (Institutio Generalis Missalis Romani nn. 391-392)

In diesem Sinn zeigt sich, daß die recognitio hauptsächlich die Überprüfung und die Bewahrung der Übereinstimmung mit dem Recht und der Einheit der Kirche ist.
Der Prozess des Übersetzens der relevanten liturgischen Texte (ed es.sakramentale Formulierungen wie das Credo, das Pater Noster) in eine Sprache, in der sie als authentische Übersetzungen angesehen werden, sollte nicht zu einem Geist des der Bischofskonferenz "Aufzwingens" einer gegebenen, vom Dicasterium gemachten  Übersetzung führen, weil das das Recht der Bischöfe beschädigen würde, das im Kanon schon zuvor in SC 36 § 4 festgelegt worden ist.
Und schließlich muß man sich die Analogie von Kan.825 §1 zur Versionen der Hl. Schrift vergegenwärtigen, die keine confirmatio seitens des Hl. Stuhls benötigt. 

Es ist falsch, der confirmatio die endgütlige Anerkennung durch die recognitio zuzuerkennen (also die Konformität zum Recht zu verifizieren und zu bewahren).
Sicher ist die confirmatio kein lediglich formaler Akt sondern ist für die Herausgabe des übersetzten Liturgiebuches nötig: sie soll erteilt werden, nachdem die Version dem Apostolischen Stuhl zur Ratifizierung durch die Bischöfe vorgelegt wurde, im Geiste des Dialogs und der Hilfe dabei, darüber nachzudenken, ob und wann  es nötig sei, die Rechte und Pflichten und die Legalität des Prozesses zu befolgen und über seine Modalitäten.

Schließlich, Eminenz, wiederhole ich meinen brüderlichen Dank für Ihr Engagement und indem ich feststelle, daß die Notiz "Commentaire" auf einigen websites veröffentlicht worden ist - und irrtümlicherweise Ihrer Person zugerechnet wurde - bitte ich Sie höflich, für die Verbreitung dieser meiner Antwort auf diesen Seiten zu sorgen und sie an alle Bischofskonferenzen und Mitglieder und Konsultoren des Dicasteriums zu schicken.

Brüderlich
Franziskus"

Quelle: La Nuova Bussola Quotidiana, R, Cascioli, Papst Franziskus

1 Kommentar:

  1. Hat unser Heiliger Vater wohl durchwegs verstanden, was er da unterschrieb?
    thysus

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