Mittwoch, 7. Dezember 2016

Gegen einen bedingungslosen Papalismus

Die Website PeterOneFive hat einen Beitrag des deutschen Theologen Dr. Markus Büning zu den dubia veröffentlicht.
Hier geht´s zum Original: klicken
   
       

"EIN PLÄDOYER GEGEN EINEN BEDINGUNGSLOSEN PAPALISMUS" 

In den vergangenen Tagen hat der Dekan der römischen Rota, Pinto, wiederholt und ziemlich laut gegen die vier mutigen Kardinäle gewütet, die sich nach einer langen Zeit des Wartens gedrängt sahen, der Welt ihre eigenen "dubia"  betreffs AL öffentlich zu machen, Zweifel die sie dem Papst zuerst privat präsentiert hatten, der sich aber entschied, sie nicht zu beantworten.

Der Römische Dekan sieht jetzt im Verhalten der Kardinäle eine Form unverschämten Benehmens und eine sehr unangemessene Form des Verhaltens gegenüber dem Vikar Christi auf Erden. Und dann wird sein Gespräch über die Lebensgeschichte eines der Zweifelsträger- hier ist Kardinal Meisner gemeint- über dem jetzt angeblich ein Schatten liegt: "Es ist jetzt offensichtlich, daß der Römische Dekan die sorgfältig definierte Beziehung zwischen Gewissen und Gehorsam gegenüber der kirchlichen Autorität nicht kennt, wie sie in der Tradition begründet liegt. Pinto scheint ein Repräsentant des unbedingten Gehorsams und des beunruhigenden Papalismus zu sein, 

Als Theologe, der besonders seit mehreren Jahren das Leben der Heiligen und ihre Bedeutung für unsere Zeit studiert hat, sehe ich jetzt, daß es mehr als passend ist, unsere Aufmerksamkeit zwei Mitgliedern des "endlosen Chores" zu zu wenden, die in der Lage sind, klar die Sichtweise des kanonischen Juristen Pinto zu korrigieren; Johanna von Orléans (1412-1431) und John Henry Newman (1801-1890).
Diese strahlenden Beispiele zeigen uns klar und deutlich, daß das Gewissen - hier ist das wohlgeformte Gewissen gemeint, das sich an Gottes Geboten orientiert, immer Vorrang hat.
Dazu zeigen uns diese beiden Persönlichkeiten, daß diese Art des Papalismus auf keine Weise katholisch ist. Der Papst ist nicht das Zentrum der Kirche.
Nein, er ist der "Diener der Diener Gottes". Er ist es besonders, der in Ausübung seines Amtes in der Universalen Kirche-pflichtgemäß an die bedingungslose Gültigkeit des Göttlichen Gesetzes gebunden. Sollte er diese Pflicht in seinem Inneren nicht mehr klar und deutlich präsent haben, dann dürfen ihn die Christen  die sie klar und deutlich in ihrem Gewissen sehen, den Papst an seine Pflicht erinnern.
Und unsere vier mutigen Kardinäle haben nichts anderes getan als das.




Schauen wir zuerst auf den Seligen John Henry Newman. Er konvertierte 1845 im Alter von 44 Jahren aus Gewissensgründen vom Anglikanismus zur Römisch Katholischen Kirche. Dieser Schritt kann für einen Anglikanischen Priester, der tief in des Anglikanischen Tradition verwurzelt war, nicht leicht gewesen sein.
Aber er erkannte mit Hilfe seiner theologischen Forschung, daß die wahre Kirche Jesu Christi nur die Römisch Katholische Kirche sein kann. 

Was können wir dann also von John Henry Newman lernen?
Besonders den Mut, eine Gewisssensentscheidung zu teffen! Berühmt und vielzitiert ist eine Passage aus seinem "Brief an den Herzog von Norfolk" (1874) in dem er den Primat des Gewissens betont. "Wenn ich... einen Toast auf die Religion ausbringen sollte, würde ich auf den Papst trinken. Aber zuerst auf das individuelle Gewissen. Erst dann auf den Papst."  
Dieser berühmte Toast Newmans erscheint uns zuerst ungewöhnlicher als er klingt: weil er - wie Karl Rahner SJ selbst betonte, nur ausdrückte, "was absolut selbstverständlich ist"
Wie Rahner am Ende der ersten internationalen Newman-Konferenz in Freiburg in Deutschland im September 1978 sagte "Der Katholische Christ wird sagen, von der tiefsten Lebensentscheidung des Gewissens akzeptiere ich und erkenne dies objektive doktrinale Autorität der Katholischen Kirche als außenstehend, aber bedeutsam und nötigen gottgewollten Standard für mein Gewissen an: die Anerkennung seines objektiven Standards allerdings ist natürlich wieder meine eigene Gewissensentscheidung, die ich eigenständig und zum eigenen Risiko treffe."
Man kann sozusagen sein eigenes Gewissen nicht jemandem anderen übergeben und sein Gewissen jemanden anderen ausliefern, "
Das ist der entscheidende Punkt die Liebe zum Papst fordert von uns keine bedingungslose Unterwerfung. Die ist nicht möglich, weil Gott uns allen eine Würde gibt, die uns ermöglicht, den Weg der Erkenntnis zu gehen, wie Rahner es beschreibt.
Hier - sprechen wir vom Recht und der Freiheit eines wohlgeformten Gewissens. 
Möge Papst Franziskus in dieser Stunde der Kirche auf seinen Jesuiten-Mitbruder Rahner hören und so die Entscheidung der wohlgeformten Gewissen der vier Kardinäle respektieren.
Kein anderer als der jetzt zurückgezogene Papst Benedikt XVI hat als junger theologischer Konzilsberater genau in diesem Sinn geschrieben, als er die Nummer 16 der Pastoralen Konstitution Gaudium et Spes kommentierte.
Bevor wir jedoch Ratzingers Kommentar hören, soll das II Vaticanische Konzil sprechen:
"In der Tiefe seines Gewissens entdeckt der Mensch ein Gesetz, das er sich nicht selbst auferlegt,sondern das ihn zum Gehorsam aufruft. Indem es ihn immer zum Gehorsam anhält.
Es fordert ihn immer dazu auf, Gott zu lieben und das Böse zu meiden, die Stimme des Gewissens spricht - wenn nötig - zu seinem Herzen: tu dies, vermeide das.
Weil in das Herz des Menschen von Gott selbst ein Gesetz eingeschrieben wurde; zu gehorchen ist die wahre Würde des Menschen; er wird danach beurteilt werden, ob er dem genügt."
Die Debatte um AL dreht sich genau um die Verteidigung dieses Göttlichen Gesetzes, das in unsere Herzen eingeschrieben ist.
Joseph Ratzinger kommentierte später diesen wunderbaren Konzilstext - auf sehr erleuchtende Weise - wobei er ausdrücklich auf die Lehre John Henry Newmans zum Gewissen Bezug nahm "Über dem Papst als Ausdruck der bindenden Autorität der Kirche steht noch das eigene Gewissen, dem zuerst gehorcht werden muß - wenn es sein muß auch gegen die Forderung der kirchlichen Autorität."
Wenn nötig also auch gegen die kirchliche Autorität.
Hört hört!
Und so ein Notfall ist es, den die vier Kardinäle gerade ausgemacht zu haben scheinen. Sie sehen die Gefahr, daß die Kirchenlehre über die Unauflöslichkeit und die Sakramentalität der Ehe durch den Papst in AL verwässert worden ist.
Sie sehen am Ende keinen Raum für eine Situationsethik, wie sie auch immer definiert wird.
Nein, für diese Männer stehen die Gebote Gottes unerschütterlich fest:"Du sollst nicht ehebrechen!" Bei der Formung ihrer Gewissen haben diese Männer klar und 
entschieden seine Gebote angenommen. Genau deshalb sprechen sie jetzt.
Dem kann- ja darf- Msgr. Pinto nicht widersprechen. Wenn er das tut, steht er nicht mehr auf dem Boden der Katholischen Lehre, was das Gewissen des Menschen angeht.  Auch hat er nicht das Recht, das Gewissen der Gläubigen zu  unterdrücken.
Bei aller Phantasie kann ich mir nicht vorstellen, daß es in der gesamten Katholischen Welt nur diese vier Kardinäle gibt, die eine so gute Gewissensentscheidung getroffen haben. 
Möge jetzt jeder Hirte aufstehen, der auf diese Weise von seinem gut geformten Gewissen geleitet wird.

Schauen wir am Ende auf eine Figur, die besonders jetzt zu uns sprechen kann: die Hl. Johanna von Orléans. Diese heilige Jungfrau wurde durch ein geistliches Gericht - von Priestern und Prälaten - zu einem schrecklichen Tod durch Verbrennen verurteilt, weil sie auf "ihre Stimmen" gehört hatte.
Johanna lebte über Jahre sehr eng mit gewissen Heiligen (besonders dem Hl. Erzengel Michael und der Hl. Catherina von Alexandria) zusammen und hörte auf ihre Stimmen.
Diese Stimmen lenkten die Entscheidungen ihres Gewissens. Und am Ende wurde sie für verrückt gehalten und sie ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie sehr auch die ausgeübte Autorität der Kirche irren kann. Erst Jahrhunderte später rehabilitierte der große Papst Benedikt XV die Heilige Johanna vor den Augen der Welt, indem er sie im Jahr 1920 kanonisierte,
Diese Heilige wurde von den Richtern bei der Untersuchung [früher im Jahr 1431]mit allen möglichen Tricks befragt. Das war zur Zeit des Konzils von Konstanz, die Zeit der Päpste und Gegenpäpste.
Die Kirche war in einem schrecklichen Zustand. Lager und Splittergruppen drohten überall. So wurde sie gefragt, wen sie für den rechtmäßigen Papst hielte.
Hören wir kurz der Befragung zu:
Befrager: 
"Was sagen Sie über unseren Herrn, den Papst, und von wem glauben Sie daß er der wahre Papst ist?"
Antwort Johanna:
"Gibt es denn zwei?  (...) Ich selbst denke und glaube, daß wir dem Papst, der in Rom ist, gehorchen müssen."
Dieser Wortwechsel ist für uns heute von großem Wert- aus vielen Gründen.
Johanna lebte nicht zu Zeiten von Fernsehen, Radio und Internet. Sie wußte höchstwahrscheinlich nicht, wie der Name des Papstes war und wie er aussah. Sehr wahrscheinlich hatte sie nicht die leiseste Vorstellung davon, wie turbulent die Dinge in der Kirche ihrer Zeit waren.
Aber eines wußte sie: der der auf dem Stuhl des römischen Bischofs sitzt muß der rechtmäßige Papst sein.
Was bedeutet das für uns? Wir müssen nicht dauernd prüfen, was ein Papst in seinen Interviews und Reden sagt. Das Beispiel der Hl. Johanna ermutigt uns auch im Hinblick auf die laufende Diskussion über Al ruhiger zu bleiben. Es genügt, zu wissen, daß Gott für seine Kirche sorgt und das bis zu dem Tag Seiner Rückkehr. Er hat den Bischof von Rom als seinen eigenen Stellvertreter gewählt. Und wir alle haben die Pflicht, ihm zu gehorchen, aber natürlich nicht bedingungslos.
Wir alle sind durch die Pflicht gebunden, unser Gewissen an Gottes Gesetz zu orientieren und dann unserem so gebildeten Gewissen zu folgen.
Wenden wir unseren Blick noch einmal auf Jesus Christus und beten wir inständig, daß die Kirche in ihrer Ganzheit klar und deutlich das bindende Gesetz Gottes beachtet.

Quelle: Dr.M.Büning, www.peteronefive

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