Mittwoch, 29. Juni 2016

Die Reform der Vatican-Medien, die eher einem Abrißunternehmen gleicht.

Sandro Magister verschafft seinen Lesern bei Settimo Cielo einen Überblick über den derzeitigen Stand in der Umformung der Vaticanischen Medien, die man getrost als Umsturz bezeichnen könnte, womit noch nicht gesagt ist, ob zum Guten oder Schlechten.
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"VIGANO, DER GESCHEITERTE REFORMER. UND ALLE VATICANISCHEN MEDIEN SIND GEGEN IHN"

Vor einer Woche hat Msgr. Dario E.Viganó, Präfekt des Kommunikations-Sekretariates, Papst Franziskus und den neun Kardinälen, die ihm bei der Kurienreform helfen, über den Fortschritt bei der ihm anvertrauten Neuorganisation der Vatican-Medien berichtet.

                                         
Die neueste Nachricht betrifft die Konsolidierung von Radio Vatican und CTV in einem von Viganó geleiteten Dicasterium.

De Facto hat seit dem 1. Januar 2017 der Name "Radio Vatican" keinerlei legalen Wert mehr und ist von den Gehaltsschecks seiner 350 Angestellten verschwunden. Aber das ist nicht alles.
Weil seit dem 1. Dezember die Radio-Ausstrahlung über Mittelwelle endete und die Tage der Kurzwelle- als historischem Kommunikationskanal für Katholiken in Ländern ohne Freiheit, bis zum Schluss von Pater Lombardi verteidigt- gezählt sind.
Noch sendet sie für Afrika und Teile Asiens, aber ihr Sender in Santa Maria di Galeria steht kurz vor der Schließung.

Kosteneinsparungen und technischer Fortschritt sind die Rechtfertigungen die Viganó vorbringt.
Die Ausstrahlung über Kurzwelle wird auch schrittweise durch digitale Audio-sendungen ersetzt werden.
Viganó hat die frühere Vatican-und-Rom-Frequenz 93,3 zugunsten von RTL aufgegeben, dem in Italien meistgehörten Radio-Netzwerk, im Austausch dafür, das digitale Signal landesweit nutzen zu dürfen.
Und was Afrika betrifft, hat er einer Übereinkunft mit Facebook zugestimmt, durch die die päpstlichen Botschaften in 44 Ländern über eine App per Handy empfangen werden können.

Wenn es auch wahr ist, daß Radio Vatican ein Defizit von über 26 Mio Euro pro Jahr hat und die Schließung des Kurzwellensenders zu Einsparungen führt, so werden dennoch 70% des Defizits durch das technische und journalistische Personal verursacht, die -nach einer Order von oben- nicht entlassen, sondern allenfalls teilweise zu anderen Vaticanischen Arbeitsplätzen versetzt werden können.

Aber es sind noch andere Veränderungen im Gange, die beunruhigender sind als die Journalisten von Radio Vatican. Und die betreffen den Inhalt ihrer Arbeit.

Das Italienische Radionachrichtenprogramm um 12:00 und 17:00 ist abgeschafft und durch vom nationalen Katholischen Netzwerk InBlu importierte Blitzausgaben ersetzt worden. Ebenso ist das abendliche Nachrichtenmagazin durch das französische Programm ersetzt worden, das täglich um 21:30 ausgestrahlt wurde. Beide Entscheidungen richten sich gegen "den Fadenlauf" eines Radiosenders, dessen Nachrichtensendungen jahrzehntelang in den Kanzleien und Botschaften gehört wurden.

Besonders beunruhigend ist die Veränderung, die SeDoc betrifft, den Dokumentationsdienst, das Büro, das in den verschiedenen Vaticanischen Dikasterien und in aller Welt Dokumente sammelt, die künftige Handlungen des Papstes und der Kirche betreffen und sie zu Dossiers zusammenstellt, die an einen vertraulichen Kreis offizieller Empfänger geschickt werden und nur zu kleinen Teilen an die beim Hl. Stuhl akkreditierten Presse.

Viganó hat SeDoc aus dem Radio-Vatican-Gebäude in die Büros des Vaticanischen Pressezentrums verlagert und es durch drei prominente Journalisten von Radio Vatican selbst verstärkt. die er angewiesen hat, sich von jetzt ab ausschließlich dieser neuen Aufgabe zu widmen.

Es entsteht der Eindruck, daß Viganó diese neue Version von SeDoc zu einer Taskforce des zukünftigen "content hub", den er mehrmals angekündigt hat, einem vielsprachigen Multimedien-Portal für alle Vaticanischen Kommunikationsmedien machen will. mit verschiedenen Text-, Audio- Video-Foto-Formaten, nach dem Vorbild der Walt-Disney-Companie, wie er gesagt hat.

Um sie für ein "omnia-media-Teamwork" zu schulen, hat Viganó 50 seiner Angestellten für einen Kursus in der LUISS-Business-School in Rom eingeschrieben, der Universität des Italienischen Industrieverbandes.





Absoluter Protagonist des zukünftigen "content hub" wird nach Viganó natürlich Franziskus sein, der immer "sehr stark zieht". Und alle Vatican-Medien  werden eine Nebenstellung neben dem Papst haben, vom Radio zum TV, von den öffentlichen Bulletins zum Osservatore Romano, vom Foto-Service zum Verlagshaus.

Das alles unter dem Kommando einer einzigen Chefredaktion, die durch das  Statut für die "Orientierung und Koordination aller redaktionellen Linien" verantwortlich sein wird.

Eine Chefredaktion, die niemand anderes als Viganó innehat. Aber hier beginnen die Probleme.
Vor allem deshalb, weil das selbe Statut des neugeschaffenen Kommunikationssekretariates das Management der offiziellen Kommunikation- und also u.a. auch der Pressebüros- nicht dem Chefredakteur sondern dem Staatssekretariat zuordnet.

Und dann, weil nicht nur das, was von Radio Vatican übrig bleibt, alles tut, um nicht vom "content hub" -einem Traum von Viganó- absorbiert und so abgeschafft zu werden, sondern mehr noch der "Osservatore Romano".
Viganó hatte der Zeitung des Hl. Stuhls die Reduzierung auf ein internes "Bulletin"  vorhergesagt.
Während jetzt allerdings das genaue Gegenteil geschieht.
Der "Osservatore Romano" hat unter Fanfarenklängen seine monatliche Beilage "Donne Chiesa Mondo"  und eine Wochenausgabe in italienischer Sprache herausgebracht, wobei im ersten Fall Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und im zweiten Fall der Substitut des Staatssekretariates Angelo Becciu die Präsentation machten, während Viganó still im Publikum saß.

Ohne die Herausgabe einer neuen, vom Protestanten Marcelo Figueroa, einem alten Freund Jorge Mario Bergoglios, geleiteten Wochenausgabe des Osservatore Romano in Argentinien mitzuzählen.

Auch scheint es keinerlei Hindernis für diese Vergrößerung des rund 6 Millionen Euro-Defizits, das jedes Jahr auf der Vatican-Zeitung lastet, zu geben. Weil die Frauen-Beilage in der Italienischen Post einen großzügigen Spender gefunden hat.

Kurz gesagt, das Staatssekretariat will Viganó und dem Kommunikationssekretariat keineswegs die Kontrolle über die Vatican-Medien überlassen.
Und dann gibt es noch ein drittes Machtzentrum, das in Santa Marta beheimatet ist.

Franziskus und seine Entourage sind de facto der Mittelpunkt einer merkwürdigen website namens "Il Sismographo", die nicht offiziell zu den Vatican-Medien gehört, sie aber mit großer Leichtigkeit "navigiert".  Sie wird vom Chilenen Luis Badilla geleitet, einem früheren Journalisten von Vatican Radio, der nicht nur jeden Tag viele Artikel. die die Kirche betreffen, aus den Medien der ganzen Welt auswählt und repostet, -und sie dabei häufig durch polemische Kommentare gegen die realen oder angenommenen Widersacher des Papstes verändert, sondern auch exklusive Ausblicke und Dokumente liefert, die klar aus dem vertraulichen Material von SeDoc  herausgefischt wurden.

Und dann ist da noch die "Civiltá Cattolica", das historische Magazin der Römischen Jesuiten, das per Statut mit dem Hl. Stuhl verbunden ist und das das mit der größten Autorität ausgestattete Sprachrohr für Papst Franziskus geworden ist.

Als Anfang dieses Monats die 4000-ste Ausgabe gefeiert wurde, hat "La Civiltá Cattolica" vier neue Monatsausgaben geschaffen- ein englische, französische, spanische und eine koreanische.

Die Jesuiten mögen also die Kontrolle über Radio Vatican verloren haben, dessen letzter, historischer Direktor Lombardi war. Aber durch die Partnerschaft von Bergoglio und der von Pater Antonio Spadaro geleiteten "Civiltá Cattolica" stehen sie weiterhin an der Spitze der Kirchenkommunikation."

Quelle: Sandro Magister, Settimo Cielo

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